Die für die Zierfischzucht bekannte und oft verwendete Art Brachionus plicatilis gehört zur Gruppe der Rädertierchen und wird oft auch einfach mit dieser Bezeichnung genannt. Den Namen erhalten diese Tiere durch die am Kopf befindlichen, beweglichen Wimpernkränze, dem Räderorgan. Bislang sind weltweit etwa 2000 teilweise sehr verschiedene Arten beschrieben, davon etwa 550 allein in Deutschland. Trotzdem wird für die Zucht fast ausschließlich B.plicatilis verwendet (und zwei Varianten von Brachionus rotundiformis).
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Brachionus sind 200-350 μm großes, sogenanntes Holoplankton, das heißt, es handelt sich um Zooplankton, dass sein ganzes Leben im Wasser treibend verbringt. Im Gegensatz dazu bezeichnet Meroplankton Organismen, die nur zeitweise planktisch leben (z.B. als Larve).
Als Teil des Zooplanktons tragen sie dazu bei, eine mikroskopische Gemeinschaft zu unterstützen, die kleinen Fische erlaubt, zu essen und zu wachsen. Eine interessante Tatsache über Rädertierchen ist, dass sie hauptsächlich Süßwasser oder Brackwasserorganismen sind und nicht eine natürliche Beute für Meeresfische sind. Jedoch besitzen sie eine Anzahl von vorteilhaften Eigenschaften, die es uns erlauben, sie für die Kultur Meerwasser oder Süßwasser Fischlarven zu verwenden.
Diese Vorteile sind ihre geringe Größe, die auch für Setzlinge „mundgerecht“ ist, sie haben weiche äußere Hüllen und sind sehr gut verdaulich. Sie bewegen sich langsam und lassen sich gut verfolgen und aufspüren durch die Fischlarven. Sie bleiben auf gleicher Höhe in der Wassersäule und sind so immer in der Nähe der hungrigen Fischlarven. Als nächstes werden sie leicht in großer Zahl kultiviert, rasch vermehrt und wenn sie mit Phytoplankton gefüttert werden, sind sie ausreichend mit Nährstoffen angereichert, damit Fischlarven wachsen und sich entwickeln können. Allerdings haben Rotiferen selbst wenig Nährwert – sie fungieren als „Nährstoffträger“ für den Transport der hochwertigen essentiellen Fettsäuren (EPA und DHA) und anderer Nährstoffe von den Mikroalgen bis zur Zielspezies.
Haltung von Rädertierchen
Die Brachionus sollten möglichst bei einer Dichte möglichst ähnlich dem späteren Zuchtwasser gehalten werden. Die Rädertierchen selber kommen mit einer breiten Bandbreite zurecht, sofern die Anpassung langsam erfolgt. Ein zu großer Unterschied in der Salinität kann zu einem osmotischen Schock der Rädertierchen-Kultur führen. Tote Rädertierchen sinken ab, werden nicht mehr gefressen und führen zu einer gravierenden Verschlechterung der Wasserwerte.
Etwas ähnliches gilt für die Temperatur. Obwohl die Rädertierchen mit einer großen Bandbreite zurecht kommen, sollte die Abweichung zu den Zuchtbecken nur wenige Grad betragen um Schockreaktionen zu vermeiden.
Eine leichte Belüftung der Zuchtbehälter für Brachionus ist empfehlenswert.
Gefüttert werden die Rädertierchen am besten mit Phytoplankton (z.B. Nannochloropsis). Zur Anreicherung kann man Brachionus auch mit Culture Selco (INVE) ernähren. Hat man mal kein Phytoplankton zur Hand genügt den Tieren auch aufgeschwemmte Hefe. Allerdings ist der Nährwert für die Verfütterung an Fischlarven dann zu gering, also im Notfall anreichern.
Neustart einer Brachionus Kultur
Für den Neustart wird ein Ansatz (350 ml) genommen und die Wassermenge alle drei Tage mit frischem Salzwasser verdoppelt.
Für die Ernte der Rädertierchen gibt es zwei grundsätzliche Kultur Methoden: Batch-Kultur und die kontinuierliche Kultur. Die Batch-Kultur erzeugt dichte Kulturen sehr schnell (200+ Tiere / ml), erfordert jedoch eine ständige Überwachung und ist arbeitsintensiver. Ein Vorteil der Batch-Kultur ist, sobald die Charge eine optimale Dichte erreicht hat, kann man sie ernten und muß nicht über einen möglichen „Absturz“ nachdenken. Batch-Kultivierung ermöglicht auch die Reinigung der Kultur-Ausrüstung zwischen den Chargen und verhindern so eine mögliche Kontamination. Ununterbrochene Kultur ist deutlich weniger Arbeit aber produziert weniger Rädertierchen (~ 100 Tiere / ml), aber sie erleben häufiger „Abstürze“ – wenn alle Tiere in Massen absterben. Für den Erstversuch bei der Aufzucht von Rädertierchen ist der Batch-Ansatz deutlich einfach und wird empfohlen.
Batch-Kultur: Bei dem Ansatz von Batch-Kulturen nimmt der Hobbyist einen sauberen Kulturbehälter, gefüllt mit sterilem Meerwasser, bei dem das Wasser auf den pH-Wert und die Temperatur der Starterkultur angepasst ist. Die optimale Temperatur beträgt 20 – 30 ° C bei einem pH-Wert von 8,0. Phytoplankton oder Nahrungsersatzstoffe (siehe unten) werden in den Behälter gegeben (je nach Dichte 100ml / 2L), und dann sollten die Kulturen durch Zugabe von mindestens 10-20-Rädertierchen / ml gestartet werden, um die Risiken eines Absturzes zu minimieren .
Kontinuierliche Kultur: Bei der kontinuierlichen Kultur wird ein größerer Behälter (üblicherweise ein Behälter mit 5-30 Liter) mit der gleichen Wasserqualität wie oben gefüllt. Rädertierchen werden (10-20 / ml) in den Behälter gegeben und Phytoplankton wird hinzugefügt, um der Kultur eine grüne Farbe zu geben. Die Rädertierchen vermehren sich und ein Teil der Population wird täglich verfüttert. In der Theorie wird eine täglich gefütterte Kultur sich vermehren und solange einige täglich geerntet werden, sollte die Kultur eigentlich unbegrenzt andauern. Aus praktischer Sicht werden die meisten Hobbyisten nur Brachionus brauchen, wenn sie frische Fischbrut haben, und daher beginnt eine neue kontinuierliche Kultur bei jedem Schlupf von Jungfischen und garantiert eine ausreichende Versorgung. Das Problem ist, dass eine nicht geerntete oder eine schlecht gefütternde Population von Brachionus das Kulturwasser verschmutzen wird, was zu einem Crash führt.
Weitere Erfahrungen zur Zucht von Brachionus: IFMN.net
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