Wer sich einmal mit der Süßwasseraquaristik und dann mit der Meerwasseraquaristik beschäftigt hat stellt sich auch irgendwann die Frage: was ist eigentlich dazwischen los? „Alle Flüsse fließen ins Meer“, also wird aus Süßwasser irgendwann immer Salzwasser. Nur was passiert dazwischen?
Die Antwort heisst „Brackwasser“ oder Brackwasserzone wenn es den Bereich zwischen Fluß und Meer bezeichnet. Der Begriff stammt von dem niederdeutschen Wort „Brak“, so wurden durch Dammbruch oder Überflutung entstandene, inländische Wasserflächen bezeichnet. Das Wasser war „brackig“, also wegen des Salzgehaltes nicht trinkbar. (die umgangssprachliche Bedeutung von brackigem Wasser als Schmutzwasser ist dementsprechend eine falsche Auslegung des Begriffs)
Brackwasser Dichte – wieviel Salz pro Liter?
Eine im Bezug auf den Salzgehalt eindeutige Definition von Brackwasser gibt es nicht. In verschiedenen Veröffentlichungen werden unterschiedliche Bereiche genannt. Etwa von 0,1% bis 1% oder auch von 0,05% bis 3% (Meerwasser wird durchschnittlich mit 3,5% oder 35 ppt Salzgehalt angegeben). Der wissenschaftliche Begriff Mixohalin bezeichnet eindeutig Wasser mit einem Salzgehalt zwischen 0,05% und 3%.
Aus biologischer Sicht ist klar, dass es überhaupt keine starren Grenzen gibt, da das „reine“ Süßwasser im Flußmündungsbereich nahtlos in normales Meerwasser übergeht, also alle Salzgehalt Werte dazwischen annehmen kann.
Über die recht interessante Verteilung von Brackwasser in der Ostsee findet ihr über den Link mehr Informationen.
Brackwasser herstellen
Für die Haltung von Tieren ist die entscheidende Frage: Aus welchem Bereich des Brackwassers kommen sie? Typische Bereiche für leicht aufgesalzenes Wasser sind 0,5-1% Salzzugabe oder max. 10 gr Salz pro Liter (2-3 Teelöffel). Darüber ergeben entsprechend jeweils ca. 10 gr Meersalz ein Prozent mehr Salzgehalt. Für genaue Messungen wird ein Aräometer o.ä. benötigt, da jede Meersalzmischung etwas andere Werte ergibt.
Brackwasser als Lebensraum
Neben dem schon genannten Brackwasser Lebensraum in den Flußmündungen, die sich durch einen permanenten Wechsel des Salzgehaltes durch Ebbe und Flut, Regen und Trockenheit auszeichnen, gibt es auch einige andere, teilweise deutlich stabilere Brackwasser-Umgebungen. Die Ostsee beispielsweise ist ein komplettes Brackwassermeer (und nach dem schwarzen Meer das zweitgrößte dieser Art). Dabei nimmt der Salzgehalt der Ostsee von West nach Ost dramatisch ab: von 3-3,4% im Skagerak, 2-3% im Kattegatt, 1,5-2% in der Kieler Bucht bis nur noch 0,3-0,5% im Bereich Finnischer und Bottnischer Meerbusen. Schuld daran sind rund 200 Zuflüsse, die vor allem im Ostteil der Ostsee einen Überschuss an Süßwasser in das Meer einleiten.
In tropischen Breiten ist der Mangrovenwald die typische Ausprägung des Brackwasser- und Gezeitenbereichs zwischen Fluss und Meer.
Das Brackwasseraquarium
Es ist auch der Mangrovensumpf, der in vielen Fällen unsere Vorstellung von einem Brackwasseraquarium bestimmt. Zum einen, weil tropische Bedingungen in unseren klimatisierten Wohnräumen einfach leichter nachzubilden sind, zum anderen weil man klassische Bewohner wie Schlammspringer und Mangrovenkrabben einfach kennt.
Von der Technik und vom Tierbesatz her kann man sich dem Thema Brackwasser aber von zwei Seiten nähern. Entweder man baut das Brackwasseraquarium als ein leicht „aufgesalzenes“ Süßwasseraquarium auf, dann verwendet man Filter, Licht etc. analog wie in einem klassischen Süßwasserbecken oder man baut es als ein Meerwasseraquarium mit reduziertem Salzgehalt auf, das heisst man verwendet einen Abschäumer anstatt zum Beispiel einen Kanisterfilter, man verwendet meerwassertaugliche Beleuchtung (also deutlich mehr Lichtleistung und stark blaulastiges Licht). Entsprechend hält man in der Brackwasser „light“ Version Tiere, die eine Salzzugabe schätzen, aber nicht ins Meer wandern und in der zweiten Version Tiere, die gelegentlich aus dem Meer ins Süßwasser ziehen. Für die Brackwasser light Version sollte der Salzgehalt 10 ppt nicht übersteigen, dann lassen sich auch noch einige salztolerante Pflanzen pflegen. In der Meerwasser Variante empfehle ich etwa die halbe Meerwasser Dichte 15-20 ppt. Dann lassen sich auch schon einige Kriechsprossalgen (Caulerpa sp.) halten.
Zum Aufsalzen von Brackwasseraquarien darf man auf keinen Fall handelsübliches Kochsalz nehmen, Zusatzstoffe die das Verbacken des Salzes verhindern sollen oder Jod-Zugaben o.ä. können für empfindliche Tiere (z.B. Garnelen) giftig sein. Es sollte Meersalz aus der Meerwasseraquaristik verwendet werden.
Ich werde versuchen bei den Besatzvorschlägen jeweils auf den möglichen Bereich des Salzgehalts hinzuweisen. Im übrigen konzentriere ich mich darauf, einen möglichst großen Überblick über mögliche Brackwasserbewohner zu geben. Die einzelnen Haltungsinformationen zum Beispiel Temperatur, Futter, Zucht und ähnliches sollte der weiterführenden Literatur bzw. den angegebenen Links entnommen werden.
Link zu: Fische im Brackwasseraquarium
Garnelen im Brackwasseraquarium
– Atyaephyra desmaresti (Europäische Süßwassergarnele) bis 4 cm Weitere Infos
– Caridina cf. propinqua, Caridina thambipillai (Mandarinengarnele, Sunkist-Garnele) ca. 2 cm
kommt in Süß- und Brackwasser vor. Larvenentwicklung erfolgt wahrscheinlich nur in Brack- oder Meerwasser. Weitere Infos
– Caridina gracilirostris (Rote Nashorngarnele) bis 4 cm
C. gracilirostris bewohnt primär Brackwassergebiete der Flussmündungen. Wesentlich seltener kann man die Tiere auch in flachen Meerwasserbereichen mit höherer Salinität und in reinem Süßwasser finden. Für die kommerzielle Zucht werden die Tiere durchgehend bei einer Salinität von etwa 15 Promille gehalten und nachgezüchtet.
– Caridina zeylanica (Ceylon-Zwerggarnele) Weitere Infos
– Xiphocaris elongata (Karibische Langnasengarnele, Gelbhorn) Carapax bis 13 mm
Kommz nur auf den karibischen Inseln in Süß- und Brackwasser vor.
– Palaemon varians (Palaemonetes varians, Schwimmgarnele, Brackwassergarnele) bis 5 cm
Die Schwimmgarnele kommt europaweit im Küstenbereich und in Brackwasserbereichen vor. Bei langsamer Anpassung wurde sie auch schon längere Zeit in reinem Süßwasser gehalten. Mehr Info
– Halocaridina rubra (Rote Hawaii Garnele) bis 12 mm
Die rote Hawaii Garnele stellt unter den vorgestellten Brackwassertieren eine Kuriosität dar, den sie kommt nicht in Flussmündungs- oder Überschwemmungsbereichen vor, sondern nur in Brackwassertümpeln in der zerklüfteten Vulkanküste Hawaiis.
Krebse im Brackwasseraquarium
– Clibanarius africanus (Afrikanischer Einsiedlerkrebs) bis 4 cm
Große Krabben aus den Mangrovenwäldern lassen sich in Aqua-Terrarien gut halten, sind aber besser in einem Art- als einem Gesellschaftsbecken untergebracht.
– Cardisoma armatum (Harlekinkrabbe) Carapax-Durchmesser bis 20 cm
Weitere Infos
– Pseudosoma moeshi (Rote Mangrovenkrabbe)
– Perisesarma eumolpe ()
Schnecken im Brackwasseraquarium
Allgemeine Informationen zur Familie Neritidae – Nixenschnecken
In der ersten Gruppe der Brackwasser geeigneten Schnecken stellen wir Schnecken vor, die allgemein als Süßwasserschnecken bekannt sind. In der Regel kommen diese Tiere in der Natur im Bereich zwischen Süßwasser und Brackwasser, z.B. dem Mangrovenbereich vor. In jedem Fall sollte man die Tiere langsam an unterschiedliche Salzgehalte anpassen, je nachdem aus welchem Milieu sie kommen, bzw. wie sie beim Händler gehältert worden sind.
– Neritina natalensis (Zebrarennschnecke) Gehäusedurchmesser bis 2,5 cm
– Neritina waigiensis (rote Rennschnecke) Gehäusedurchmesser bis 3,5 cm
– Neritina auriculata (Batman-Schnecke, Fledermausschnecke) bis 2 cm
– Neritina turrita (Zebra-Rennschnecke, Orange-Treck) bis 2,7 cm
Neritina violacea bis 2 cm
Neritina virginea (Cajo-Lago) bis 1,3 cm
– Clithon corona Geweihschnecke, Teufelsdorn, Sun Snail
– Clithon diadema Geweihschnecke, Kronenschnecke, Teufelshörnchen
– Clithon oualaniensis bis 10mm
Reine Brackwasserart
Theodoxus fluviatilis (Kahnschnecke, Schwimmschnecke)
Pflanzen im Brackwasseraquarium
Ohne eigene Erfahrung aus verschiedenen Quellen zusammengetragen:
Pflanzen wie geeignete Seerosen (Nymphaea spec.), Wassernixgewächsen (Najas spec.), Vallisnerien, Binsen, Wasserfreund (Hygrophila spec.), Hornfarne (Ceratopteris spec.) und Moose vertragen hervorragend auch brackiges Wasser.
Microsorum pteropus, der Javafarn wird immer wieder als Brackwasser geeignet beschrieben. Verträgt auch höhere Salzdichten.
Haltbar bei Dichte bis 1,005: Microsorium pteropus, java moss, Samolus valerandi, Ceratopteris thallictroides, Echinodorus tenellus,Cryptocoryne becketti, Valisneria nana, Bacopa monnieri, Hygrophila corymbosa, Cryptocoryne ciliata.
Im Handel angeboten als Wasserpflanzenset für Brackwasser: „Javafarn, Javafarn windeloev, Crinum calamistratum, Hornkraut, Javamoos, Echinodorus bleheri, Cryptocorynen“
Diese Arten sollen im leichten Brackwasser überleben, jedoch deutlich langsamer wachsen.
Cryptocoryne Wendti ( Braun/Grün ) , Salzbunge , Javafarn und Javamoos halten sich im Brackwasser bis ~ 10 maximal 15 ppt.
Anubias barteri
Bacopa monnieri
Ceratopteris cornuta
Crinum calamistratum
Crinum pedunculatum
Crinum thaianum
Cryptocoryne ciliata
Cryptocoryne wendtii
Echinodorus bleheri
Gymnocoronis spilantoides
Hygrophila corymbosa
Hygrophila polysperma
Lilaeopsis brasiliensis
Microsorium pteropus
Sagittaria subulata
Samolus valerandi
Vallisneria-Arten
Vesicularia dubyana
Mangroven im Brackwasser
Mangrovenwälder sind in vielen tropischen und subtropischen Gebieten der Inbegriff des Brackwasserhabitats. Im Mündungsbereich vieler großer Flüsse und in Überschwemmungszonen des Meeres gehören Mangrovenwälder zu den Artenreichsten Lebensräumen der Erde. Viele Korallenriff-Fische und niedere Tiere haben in diesem Lebensraum ihre Kinderstube.
Die salztoleranten Mangrovenbäume stammen dabei aus unterschiedlichen Pflanzenfamilien.
Extrem viele Informationen zu vielen Arten von Mangroven erhalten sie hier: http://www.mangrove.at/keeping.html
– Rhizophora mangle (rote Mangrove)
Die in der Aquaristik bekannteste und am leichtesten zu kaufende Mangrove ist die Rote Mangrove. Darüber hinaus ist sie auch sehr leicht zu kultivieren. Die rote Mangrove wächst sowohl in reinem Süßwasser, als auch in reinem Meerwasser! Und natürlich auch in allen dazwischen liegenden Brackwasserbereichen.
Der „Samen“ den man kaufen kann, ist eigentlich eine schon am Mutterbaum fertig entwickelte Pflanze. Damit gehören diese Mangroven zu den wenigen „lebendgebärenden“ Pflanzen weltweit (Viviparie).
Für die erfolgreiche Pflege ist es wichtig, dass die Pflanzen einen festen Halt bekommen. Dazu brauchen sie im Aquarium einen entsprechend hohen Bodengrund oder einen festen Steinaufbau an dem sich die Wurzeln festhalten können. Das Aquarium muss natürlich nach oben offen sein und es muss eine Beleuchtungsquelle oberhalb der Pflanze geben oder natürliches Sonnenlicht. Die Mangroven wachsen bei geringeren Salzgehalten schneller als bei hohen Salzgehalten.