In letzter Zeit sehen wir in unserem Shop vermehrt Anfragen zu Meerwassertieren für Süßwasseraquarien.
Will heißen, interessierte Aquarianer möchten wissen, ob es so bekannte Meeresbewohner wie Seepferdchen auch im Süßwasser gibt.
Deshalb möchte ich hier zu diesem Thema etwas ausführlicher Stellung nehmen.
Seepferdchen Süßwasser
Seepferdchen (lat. Hippocampus) sind Fische (!) und gehören in die größere Familie der Seenadeln. Sie kommen weltweit in gemäßigten und tropischen Meeren vor – aber nicht im Süßwasseer!
Am nächsten kommt man der Haltung von Seepferden mit den sogenannten Süßwassernadeln. Zum Beispiel die Kleine Süßwassernadel (Enneacampus ansorgii) gilt als eine für erfahrene Aquarianer gut haltbare Art. Da die Fische sehr sauberes Wasser benötigen und sie außerdem vorwiegend Lebendfutter brauchen ist eine Haltung für Aquarium Anfänger wenig ratsam.
Wer sie halten möchte sollte sie als Gruppe in einem ruhigen Artbecken pflegen. Besonders bei der Fütterung dürfen keine schellen Fresser die Seenadeln bei ihrer bedächtigen Nahrungsaufnahme stören.
Seepferdchen im Titicacasee oder im Mekong?
Es tauchen immer wieder mal Gerüchte auf, dass es Seepferdchen im Titicacasee gibt oder gegeben hat, ebenso im Mekong. Im riesigen Flußdelta des Mekong, also im Brackwasser, ist das auch durchaus möglich. Wobei es sich dann um klassische Hippocampus Arten des Meeres handelt.
Das sagenhafte Hippocampus titicacanesis ist keine wissenschaftlich beschriebene Art sondern ein Ausstellungsstück in einem Museum in Tiwanaku, nahe dem Titicacasee. Bis heute ist es niemandem gelungen ein weiteres Exemplar dieses Seepferdchens zu finden oder sogar ein lebendes Exemplar zu sichten.
Warum gibt es keine Süßwasser Seepferdchen?
Wissenschaftlich habe ich zu dieser Frage keine klaren Aussagen gefunden. Ich würde folgende Hypothese aufstellen:
Das Schutzverhalten von Hippocampus besteht darin sich möglichst wenig und wenn dann in einer für Fische untypischen aufrechten Haltung zu bewegen. Um gegen Strömungen und Wellen bestehen zu können haben sie dafür ihren Greifschwanz entwickelt. Ihr deshalb eher schlechtes Schwimmverhalten ist natürlich kaum geeignet um gegen die Strömung von Flüssen ins Süßwasser hinauf zu wandern. Und eine natürliche Strömung Flussauf kommt zu selten vor (evtl. bei starken Stürmen) um eine genügend große Individuenzahl in ein neues Biotop zu verfrachten.
Vorsicht Witz: Vermutlich heisst das Seepferdchen Abzeichen auch genau deswegen „Seepferdchen“, da die Kleinen damit zwar gerade so schwimmen können aber nicht versuchen sollten gegen den Strom anzukommen.
Süßwasser Krake oder Oktopus
Es sind bis zum heutigen Tag in der Wissenschaft keine im Süßwasser lebenden Cephalopoden (Kopffüßer) bekannt. Man vermutet, dass diese Tierklasse nie eine Fähigkeit entwickelt hat um den osmotischen Druck im Süßwasser zu kompensieren.
Ich konnte bisher nur eine einzige wissenschaftliche Quelle dazu finden:
http://www.abc.net.au/science/articles/2013/01/16/3670198.htm
Vom Mini-Kraken bis zum Riesenkalmar
Angesichts der Tatsache, dass es die Kraken, Sepias, Kalmare etc. in allen Klimazonen und Größen und in praktisch allen Meeresbereichen vom Strand bis in die Tiefsee gibt, ist es um so erstaunlicher, dass diese extrem beweglichen und intelligenten Tiere den Weg in die Flüsse nicht vollzogen haben.
Wissenschaftlich gibt es auch keinerlei Hinweise, dass die mehr als 30.000 schon ausgestorbenen Arten der Kopffüßer jemals im Süßwasser beheimatet waren.
Süßwasser Seesterne und Schlangensterne
Im Süßwasser sind bisher keine Seesterne oder Schlangensterne entdeckt worden. Der Gemeine Seestern (Asterias rubens) kommt in der Ostsee ungefähr bis auf die Höhe von Rügen vor. Weiter östlich ist der Salzgehalt dann zu niedrig für diese Tiere. Auch im Brackwasser von Mangrovengebieten kommen einige See- und Schlangensterne vor. Aber keiner verträgt reines Süßwasser.
Hippocampus titicacanesis
Doch, es gibt Süsswasser Seepferdchen, allerdings nur im Titicacasee.
Nettes Märchen!